Monat: Mai 2023

  • Der Mordfall Hinterkaifeck und Frauenhandel?

    Am 07.04.1922 stand im Ingolstädter Anzeiger zu lesen.

    (Belohnung für Ermittlung von Mädchenhändlern) Der „Deutsche Not Bund gegen die schwarze Schmach“ hat in seiner letzten Vorstandssitzung beschlossen, eine Prämie von 1.000 Mark auszusetzen für den, dem es gelingt, Mädchenhändler zur Verhaftung zu bringen, die Mädchen ins besetzte Gebiet verschleppen oder zu verschleppen versuchen. Die Auszahlung erfolgt nach der Verurteilung der Beschuldigten.

    Ein Umschlagplatz für Heiratsvermittler, Zuhälter und Mädchenhändler soll das Wirtshaus Grüner Baum in der Donaustraße in Ingolstadt gewesen sein. Dort verkehrte auch der Tagelöhner Anton Bichler aus Waidhofen der sich mit Schleichhandel befasste und Eier, Butter etc. wöchentlich beim grünen Baumwirt ablieferte. Auch ein Peter Weber aus Waidhofen trieb neben seiner Arbeit Handel mit Frauenkleidern. Was auch etwas komisch anmutet, dass im März 1922 die Postagenten Tochter Fanny Mehl spurlos aus Waidhofen verschwunden ist.

    Über ihren älteren Bruder konnte man lesen, dass er 1921 heimlich das Elternhaus verließ und später aus einem Mittelmeerhafen geschrieben hat. Er soll in die Fremdenlegion eingetreten sein, soll aber später wieder in Waidhofen gelebt haben.

    Hans Mehl ist im Zweiten Weltkrieg am 07.05.1945 im Lazarett in Lission in Folge eines Bauchschusses verstorben. Laut Informationen soll Fanny (Franziska) Mehl 1931 einen Josef Wenger geheiratet haben.

    Es gab einen Fall in Sandizell wo der Gütlerssohn Michael Obeser nach dreieinhalb Jahren Abwesenheit 1924 zurückgekehrt ist. Obeser war 1919 in der Roten Armee (Bayern) und trat nach deren Auflösung von Mainz aus in die französische Fremdenlegion ein. Erst war er in Algier und zuletzt in Syrien, wo er wegen Malaria von den Franzosen nach Mannheim verbracht wurde.

    Über das Donaumoos ist in Umbrüche Leben in Neuburg und Umgebung zu lesen, dass das Donaumoos nach dem Ende des Ersten Weltkriegs besetzt war von Vertriebenen aus den französisch besetzten Gebieten. Weiter heißt es:

    Das Donaumoos galt im weiten Umkreis als verrufenes Notstandsgebiet mit unglaublichen sozialen Verhältnissen.

    Leben in Neuburg und Umgebung 1914/48

    Für den Frauenhandel bürgerte sich der Begriff „White Slavery“ um die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts ein. Im deutschsprachigen Raum hat sich der Begriff „Mädchenhandel“ für den Tatbestand herausgebildet. Entsprechend für die Unzufriedenheit der potenziellen Opfer wurden von den Händlern oder Werbern Arbeitsplätze (zumeist im Haushalt) versprochen; es wurde ein intimes Verhältnis zwischen Opfer und Täter eingefädelt oder die Ehe oder eine Ehevermittlung zugesagt sowie Arbeit in Musikkapellen,Tanzkompanien oder Artistengruppen angeboten.

    In der Regel fand eine erste Vermittlung auf Arbeitsstellen statt. Jedoch verloren die Opfer dann sehr schnell ihre Arbeit oder wurden nicht bezahlt und gerieten in wirtschaftliche Not. Dies war der Punkt, an dem die Opfer mit mentaler oder körperlicher Gewalt oder Gewaltandrohung in die Prostitution gedrängt wurden.

    Quelle: Jürgen Nautz, Frauenhandel in Österreich 1918 – 1938

    Oft wurde bei der Beantragung des Reisepasses nicht das Endziel angegeben; man schaltete dann an der vorgeblichen Destination lediglich eine längere Unterbrechung ein, um nicht die Aufmerksamkeit von Auswanderungsbehörden zu wecken. Eines der häufigsten Ziele war Buenos Aires in Argentinien.

    Eine häufige Route führte dabei über Montevideo nach Salto, wo dank der Bestechung von Grenzbeamten über die Rio- Uruguay Brücke bei Concordia argentinisches Territorium erreicht wurde. Laut Bäckermeister Josef Obster (Abschrift 693 v. 20.05.1925) soll Josef Bärtl nach Brasilien oder Argentinien ausgewandert sein. Bei Josef Obster dürfte es sich um einen nahen Verwandten der Mutter von Josef Bärtl handeln. Die Schwester von Josef Bärtl – Anna Stephan geb. Bärtl (Jahrgang 1900) soll im Juni 1924 nach Uruguay ausgewandert sein und in der Deutschen Botschaft für einen Konsulatsbeamten in Montevideo gearbeitet haben. Am 22.04.1922 schreibt das Schrobenhausner Wochenblatt:

    Bärtl ist als notorischer Mörder und Verbrecher in der Umgebung von Ingolstadt bekannt, schwindelte als falscher Gendarm den Leuten Papiergeld zum Abstempeln heraus und hatte sich in Ingolstadt auch als Darlehensschwindler und Heiratsvermittler niedergelassen.
    Auszug Schrobenhausner Wochenblatt

    Ob das ganze ein Zufall war oder mehr dahinter steckte, wir werden es sicher nicht mehr klären können. Laut dem Heimatforscher Ludwig Sommerer ist Josef Bärtl nicht Teil einer Erbengemeinschaft und taucht nicht im Kataster von 1927 auf. Das heißt, entweder hat er nicht mehr gelebt, ist verschollen oder hat sich unter falschem Namen eine neue Existenz im Ausland aufgebaut. Das würde auch erklären warum er von IOS in Wien ausgeschrieben wurde.

    Josef Bärtl
    Josef Bärtl

    Zwischen dem 01.Oktober 1919 bis 01.Mai 1920 sind in Deutschland offiziell 3.700 Mädchen und Frauen verschwunden.

    Georg Grosz; Der Mädchenhändler

  • Fuchsmühl in der Oberpfalz

    Fuchsmühler Holzschlacht

    Die Wallfahrtskirche Maria Hilf im Oberpfälzer Stiftland https://www.ferienregion-stiftland.de/startseite/ ist seit über 325 Jahren Wallfahrtskirche. Weil Sturmschäden immer wieder Schäden an den zwei Kirchtürmen angerichtet haben, trug man die Zwiebelhauben ab. Wetterkapriolen sind keine Erfindung von heutigem Geoengineering. Bekannt wurde Fuchsmühl nicht durch den Wallfahrtsort, sondern durch die Fuchsmühler Holzschlacht. 1894 sorgte die „Fuchsmühler Holzschlacht“ für Schlagzeilen. Der damalige Lehensherr verweigerte den Dorfbewohnern ihr altes Holzrecht. Und als sich nach einem jahrelangen Rechtsstreit fast 200 Männer, Frauen und Kinder im kalten Winter mit Brennstoff versorgen wollten, rückte das Infanterieregiment aus Amberg mit aufgepflanzten Bajonetten an. Viele wehrlose Dorfbewohner wurden verletzt, zwei alte Männer starben. Georg Stock und Leonhard Bauer, beide 69 Jahre alt, wurden durch Bajonettstiche getötet, mehrere andere Männer auf der Flucht schwer verletzt. Trotzdem wurde nicht der Lehensherr verurteilt, sondern die „Fuchs Mühler“ und erst nach einem deutschlandweiten Sturm der Entrüstung von Prinzregent Luitpold begnadigt. Dieses Ereignis erhielt als Fuchsmühler Holzschlacht im gesamten Deutschen Reich publizistische Aufmerksamkeit. Die kritische Presse sprach davon, dass dieser Vorfall die hässliche Fratze des Obrigkeitsstaates entlarven würde. Der Zentrums-Politiker Georg Heim (genannt der Bauerndoktor) setzt sich für die Belange der Fuchsmühler im Landtag ein. Im Rathaussaal von Weiden fand zwischen dem 23. und 27. April 1895 die Verhandlung gegen die 146 Angeklagten statt. Bis auf zwei wurden alle beteiligten Rechtler wegen Landfriedensbruchs, Forstfrevel und anderer Delikte zu Gefängnis- und Geldstrafen verurteilt. Bürgermeister Josef Stock erhielt mit viereinhalb Monaten die höchste Gefängnisstrafe. Die Verteidigung hatte kostenlos der Staranwalt Max Bernstein übernommen. Am 17. Januar 1896 wurden alle Strafen und die Gerichtskosten auf dem Gnadenwege durch Prinzregent Luitpold erlassen.

    Quelle: Wikipedia

    (Quelle: Marktgemeinde Fuchsmühl)