Hinterkaifeck

War es ein Liebesmord, der als Raubmord getarnt wurde, und liefen noch Waffengeschäfte?

Hinterkaifeck ist ein sehr komplizierter Mordfall, sich an eine Analyse oder Tatprofil heranzuwagen gleicht fast einem Selbstmord. Die Akten im Staatsarchiv München sind sicher interessant, aber da gibt es noch Bezirksamtsakten über den Bezirk Schrobenhausen. Die sind, was die Dienstboten-Akten, Einwohnerwehr und Gastwirtschaften angeht, nicht uninteressant.

Da wäre das Gasthaus Bräumichl dessen Tradition bis ins 16. Jahrhundert zurückreicht. Im Bräumichl-Saal trafen sich die Kraftsportler des Athletic Club Olympia (ACO), wie sie dem nachfolgendem Zeitungsartikel entnehmen können.

1900 verkaufte der Inhaber Hans Kneißl das Anwesen an den neu zugezogenen Martin Vogg, ich glaube, es müsste richtig heißen Mathias Vogg. Dieser Mathias Vogg geboren 1865, Geburtsort leider nicht bekannt, war vorher Wirt im Drächslhof in München. Seine Frau starb 1925, die Tochter Maria, geboren 1895, soll als junge Frau schon etwas dargestellt haben. Sie war Alleinerbin und über 50 Jahre die Wirtin im Bräumichl. Sie war schon eine Resolute, sehr entschlossen und energisch und von ungeheurem Durchsetzungsvermögen geprägt. Maria Vogg heiratete 1919 den Metzger Martin Ott, geboren am 30. April 1889 in Schrobenhausen. In den Zwischenkriegsjahren hatte man ein gutes Geschäft aufgebaut, Martin Ott verstarb am 15. Februar 1941.

Welcher Zusammenhang besteht zwischen Mathias Vogg und den Hinterkaifeckern?

Mathias Vogg war am 11. März 1914 als Zeuge im Notariat von Albert Stinglwagner, als die Eheleute Gruber das Anwesen Hinterkaifeck ihrer Tochter überschrieben. Im Anschluss kam es zu dem Ehe- und Erbvertrag mit Karl Gabriel. Natürlich kann das alles Zufall gewesen sein und Mathias Vogg hatte gerade beim Notar was zu erledigen. Traditioneller Viehmarkt in Schrobenhausen war jeden zweiten Donnerstag im Monat zwischen Ober- und Untertor, dann kehrten die Bauern und Viehhändler auch im Bräumichl ein. Persönlich glaube ich, dass die Familie Gruber/Gabriel sehr gute Kontakte zum Gastwirt Mathias Vogg unterhielt, vielleicht auch mehr.

Auch vaterländische Verbände trafen sich im Gasthaus Bräumichl.

Bund „Bayern und Reich“

Die militärische Oberleitung des Bundes „Bayern und Reich“ benötigt bis spätestens 10. November 1921 eine genaue Bestandsmeldung über das Gesamte im Bezirke lagernde Kriegsmaterial (Infanterie-Gewehre, leichte und schwere Maschinengewehre, Geschütze, Munition, Feldküchen etc.). (Anmerkung: Bezirk SBO)

oder

Ich bitte die Herrn-Wehrführer sich am Donnerstag, dem 08. November 1923 Vormittags 10.30 Uhr im Gasthaus Vogg Bräumichl zu einer Bestandsmeldung finden zu wollen.

Gleichzeitig erlaube ich mir bekannt zugeben, dass innerhalb der Bezirksämter: Aichach, Friedberg und Schrobenhausen zur Bekämpfung innerer Unruhen ein Freiwilligen-Bataillon „Paargau“ unter Führung des Freiherrn von ………….. aufgestellt ist.

Mit treudeutschem Gruß

Breiherr

Der Hitlerputsch war ein am 8. und 9. November 1923 unternommener, gescheiterter Putschversuch der NSDAP unter Adolf Hitler und Erich Ludendorff. Mit erwarteter Hilfe aus der rechtskonservativen bayerischen Landesregierung und Verwaltung sollte nach dem Vorbild Mussolinis die Reichsregierung in Berlin gestürzt werden. (Wikipedia)

Kriminaloberinspektor Franz Ott

Dann gibt es noch den Ermittler Franz Ott, er war mit Georg Reingruber im Spätsommer 1922 in den Ermittlungen im Mordfall Hinterkaifeck involviert. Kriminaloberinspektor Franz Ott war an der Aufklärung im Fall Hartung beteiligt. Hartung fand man am 04. März 1921 erschossen und mit Steinen beschwert in der Zusam bei Zusmarshausen. Er wollte sich sein Schweigen über Aktivitäten der Einwohnerwehr bezahlen lassen. Es ist davon auszugehen, dass Franz Ott zwischen staatlicher Pflicht und vaterländischer Gesinnung eine Trennung vornahm, und den Vorgang nur widerwillig bearbeitete.

Postschaffner Josef Mayer

Glaublich im Monat März 1922 wurde ich sowohl von Gruber als auch von Frau Gabriel wiederholt gefragt, ob ich jemand gesehen hatte, weil sie glauben, dass immer jemand im Anwesen sei. Um diese Zeit wurde beim Anwesen Hinterkaifeck entweder von Gruber selbst oder von Frau Gabriel ein Exemplar „Münchner Zeitung“ gefunden. Sie fragten mich, ob ich diese verloren hätte bzw. wer in der Umgebung Bezieher der Münchner Zeitung sei.

Es gibt noch eine Anekdote; Gruber soll einen Brief im März 1922 erwartet haben und war sehr ungeduldig, Postschaffner Mayer meinte: „Der wird schon noch kommen bevor du stirbst“.

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