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  • Der Mord an Klara Debold

    Eine Tatbestandsaufnahme

    Wie sah Polizeiarbeit an einem Tatort während des ersten Weltkriegs aus? Zustand und Verhältnisse am und um den Ort eines polizeilich relevanten Sachverhaltes fotografisch festhalten, in Ergänzung zum Tat-/Ereignisortbericht (TOB) und zur Tat-/Ereignisort-Skizze. Man unterscheidet grundsätzlich zwischen der Ereignisortdokumentation und der fotografischen Spurensicherung. Beide Dinge haben eine völlig andere Bedeutung sowie Verfahrensweise und von daher sollten auch die Begriffe nicht durcheinander gebracht werden.

    • Dokumentation erklärt sich von allein.
    • Spurensicherung beinhaltet zwei kriminaltechnische Begriffe Spuren und Sicherung.

    Spuren sind relativ beständige materiale Erscheinungen, die im Zusammenhang mit einem kriminalistisch relevanten Ereignis entstanden sind und zur Aufklärung beitragen können – ist eine einfache Erklärung.

    Sicherung bedeutet u. a., dass diese Spur einer Auswertung zugeführt werden soll/muss.

    Grundsätzlich unterscheiden wir vier Spurenarten, wie Situationsspuren, Gegenstandsspuren, Materialspuren und Formspuren. Abgesehen davon, dass alle Spuren in ihrer Lage, Form und Beschaffenheit zu dokumentieren sind, können lediglich Formspuren fotografisch gesichert werden, weil nur bei dieser Spurenart die Möglichkeit besteht sie anhand des Fotos auszuwerten.

    Bedeutung der polizeilichen Fotografie

    Schaffung von Beweismitteln für das weitere Bußgeld-, Straf- bzw. Gerichtsverfahren.

    „Die objektive Aussageform von Lichtbildern ist bei sachgemäßer Fertigung kaum noch zu übertreffen.“

    Handbuch für Kriminalisten | 2. überarbeitete Auflage Berlin 1987

    Es muss sich also die Frage gestellt werden, ob Lichtbilder in jedem Falle objektiv sind?

    Wir gehen davon aus, dass niemand, der sich mit der offiziellen Strafverfolgung beschäftigt, einen Tat-/Ereignisort absichtlich manipulieren wird, aber die „Kunst der Manipulation“ liegt im Weglassen.

    Hier ist also eine hohe Objektivität der Fotografen vor Ort von Nöten, um einen Ereignisort vollumfänglich fotodokumentarisch zu erfassen.

    Um das erreichen zu können, unterscheiden wir in der polizeilichen Fotografie fünf Aufnahmearten.

    • Orientierungsaufnahmen
    • Übersichtsaufnahmen
    • Teilübersichtsaufnahmen
    • Detailaufnahmen
    • Spurenaufnahmen
    Hauptstaatsarchiv München MInn 72442
  • Der Raubmord an Thomas Strohmeier

    Am 18. Juni wurde der 19 Jahre alte Bauerssohn Wolfgang Fertl aus Pfaffing, der in Nacht zum 30. März 1925 auf der Landstraße zwischen Pfaffing und Landersdorf, nächst Markt Dorfen, den Bauern Thomas Strohmeier mit einem zweiläufigen Jagdgewehr aus dem Hinterhalt erschossen und hierauf beraubt hat, vom Schwurgericht beim Landgericht München ll zur Todesstrafe und Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte verurteilt. Nach Verwerfung der Revision durch das Reichsgericht richtete der Verteidiger, Justiziar Bernatz (Dorfen), für Fertl an das bayerische Gesamtministerium ein Gnadengesuch, dem keine Folge gegeben wurde. Dienstag früh wurde Wolfgang Fertl von der Ablehnung des Gnadengesuches verständigt. Er machte von der 24 stündigen Gnadenfrist Gebrauch. Am Mittwoch besuchten ihn seine Angehörigen. Fertl verbrachte seine letzte Lebensfrist im Gebet. Am Donnerstag früh halb 7 Uhr, wurde in Gegenwart von Gerichtsbeamten, der 12 Urkundspersonen und der Vertreter der Presse durch Nachrichter Reichhart das Urteil mit dem Fallbeil vollstreckt. Die Leiche wurde in einen Münchner Friedhof gebracht und dort bestattet. — Die letzte Hinrichtung mit dem Fallbeil war in München-Stadelheim im Jahre 1913.

    (Ingolstädter Anzeiger 1925)

    Der Nachrichter Johann Reichart hatte wenig Arbeit in der Weimarer Republik. 1924 hatte er sieben Hinrichtungen, 1925 neun Hinrichtungen, 1926 drei Hinrichtungen, im zweiten Halbjahr 1927 nur eine. Weil sein Einkommen immer geringer geworden war, beantragte er schließlich am 11.März 1929, man möge ihm für das vergangene Jahr nachträglich ein Salär bewilligen. Er bekam vom bayerischen Staatsministerium der Justiz eine Sondervergütung von 500 Reichsmark und die Erlaubnis für eine Nebentätigkeit gleich welcher Art. 1929 war Reichart entschlossen, sein blutiges Handwerk aufzugeben, sein Antrag auf Auflösung des Arbeitsvertrages wurde vom Ministerium abgelehnt. Reichart war von 1924 bis 1947 im Amt als Scharfrichter und vollstreckte 3165 Todesurteile.

    Grab der Scharfrichter Familie Reichart

    Johann Reichart starb am 26. April 1972 im Krankenhaus Dorfen, nicht weit entfernt von Landersdorf.

  • Auch ein sterbender Räuber gibt seinen Kumpel nicht preis

    Der Onkel von Mathias Kneißl, der hauptsächlich Bauernhöfe besuchte und ausraubte

    Johann Pascolini in Unterweikertshofen geboren, beging am Anfang seiner Karriere mit 11 Jahren seine ersten Diebstähle. Wie Gump und Gänswürger war ihm die Lehre ohne sozial begleitende Förderung etwas zu hart, er zog es vor, das Geld seines Lehrherrn zu veruntreuen. Danach beging er mehrere Einbruchsdiebstähle in Bruck (FFB), Dachau, Aichach, Wolfratshausen und München. Festgenommen wurde er in Ludwigsfeld und zu 10 Jahren Kerker verurteilt. 1861 begnadigt, war man als Zuchthäusler schon abgestempelt, aber es boten sich auch ohne Jobbörse neue Möglichkeiten für eine freie und individuelle Lebensgestaltung. Straßenraub-, Einbruchs,- Vieh und Trickdiebstähle waren schon eine gute Möglichkeit sein Auskommen zu sichern und nebenbei in den Wäldern Sicherheitsdepots anzulegen, falls schlechte Zeiten kommen sollten. Nullzinspolitik und Wirecard waren damals noch kein Thema, aber wie später die Dachauer Bank der Adele Spitzeder beweisen sollte, vertrau keinem Bänker, noch weniger einer ungelernten Bankerin. Mehrmals auf der Flucht, gefasst, eingesperrt machte sich Johann Pascolini einen Namen als Ausbrecherkönig. Was hätten Johann Pascolini und Theo Berger alles erreichen können, wenn sie zur selben Zeit gelebt hätten! Johann Pascolini trug eine Perücke und gab sich als wortgewandter Schweinehändler aus, auch wie Gump verstand es Johann Pascolini sich, als Frau auszugeben und mancher Mann wollte mit der 1,65 cm großen Dame anbandeln. Dabei liebte Johann Pascolini die Frauen, den Gesang und den guten italienischen Rotwein. Das Karriereende folgte im Dezember 1871 in Altomünster, als sein Kumpan ihn versehentlich anschoss. Bei seinem letzten Verhör im Krankenhaus von Altomünster gab er den Namen seines Kumpels nicht preis, es geht schließlich nichts über die Ganovenehre.

    ‚Der berüchtigte Räuber Johann Pascolini dessen Leben, Thaten und schreckliches Ende‘, Bild 1 von 56 | MDZ (digitale-sammlungen.de)

  • Gemeinde-Schreiber in Waidhofen

    Das abwechslungsreiche Leben des Franz Xaver Dersch

    Xaver Dersch war nach eigener Aussage in jungen Jahren bei einem Rechtsanwalt als Bürolehrling tätig. Ob er einen Berufs-Abschluss bei dem Rechtsanwalt gemacht hat geht aus seiner Aussage leider nicht hervor, später kam er nach Neufahrn und Regensburg scheinbar hat er es nirgends lange ausgehalten. Als alternative für Zivilversager bietet sich das Militär an, dort hat sich Xaver Dersch für zwölf Jahre verpflichtet. Er kam aber wegen Betrugs und Urkundenfälschung vor ein Militärgericht und wurde nach zwei Jahren entlassen. Im ersten Weltkrieg wieder eingezogen beging er im Jahre 1916 seine zweite Unterschlagung und Urkundenfälschung, er wurde zu insgesamt sechseinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Einen Teil der Strafe verbüßte er auf der Veste Oberhaus, dem bayerischen Alcatraz. Nach seiner Entlassung bei der Armee wollte er in die Reichswehr eintreten, ich kann mir nicht vorstellen, dass sie ihn bei seinem Vorstrafenregister genommen hätten. Die nächste Chance bietet sich im Frühjahr 1919, da kam Xaver Dersch beim Freikorps Epp unter, bis zu dessen Auflösung im Oktober 1920. Das Freikorps Epp wurde aber schon im Mai 1919 aufgelöst und die Brigaden wurden von der vorläufigen Reichswehr übernommen, auch wurde das Freikorps Oberland und Bogendörfer integriert. Danach war Xaver Dersch Gemeindeschreiber in Waidhofen wo er 1926 wegen Urkundenfälschung und Betrug zu einem Jahr Zuchthaus verurteilt wurde. Nach dem Weggang von Lehrer H. 1922 war er bis zum 01.05.1923 Biersteuer-Kassier der Gemeinde Waidhofen, auch hier musste er wegen seines Geschäftsgebarens ermahnt werden.

    Ingolstädter Anzeiger 1926

    Es war nie eine Absicht, irgendwelche Behörden zu täuschen und die Polizei bei ihren Ermittlungen nach dem Mörder von Hinterkaifeck auf eine falsche Spur zu bringen.

    (Franz Xaver Dersch in einer Aussage vom 11.12.1951)

  • Der Bauer von Hinterkaifeck im Zuchthaus

    Was hat Andreas Gruber im Zuchthaus gelernt?

    Ob Andreas Gruber in Straubing im angegliederten landwirtschaftlichen Betrieb gearbeitet hat, ist nicht überliefert. Anfang der 1920er Jahre wurden im Zuchthaus Straubing alte Heeresbestände zu Schuhzeug, Hosenträgern und Lederwaren verarbeitet. Laut der Aussage von Alois Langer, geb. 11. Juni 1897, von Beruf Metzger soll Andreas Gruber im Februar 1920 graues und grünes Militärtuch gekauft haben, zum Meterpreis zwischen 23 oder 26 Mark. Beim dritten Besuch soll er Flanellstoff und etwa 600 Meter Stuhltuch gekauft haben.

    Gefängniszelle Straubing

    Als Andreas Gruber im Februar 1916 nach Straubing kam, waren im Deutschen Reich die gesamten Lebensmittelvorräte rationiert. Die durchschnittliche wöchentliche Verbrauchsmenge für Butter und Fett beträgt zwischen 60 und 75 Gramm gegenüber 100 Gramm vor dem Krieg. Die Mindestzuteilung beträgt 50 Gramm, tatsächlich ist aber nicht mal diese Menge vorhanden.

    Schwarzhandel, Verteilungsschwierigkeiten und der empfindliche Viehrückgang sind die hauptsächlichen Ursachen.

    In Straubing wurden zur Deckung des Butterbedarfs seit Juni 1916 Butterkarten eingeführt. Im November 1916 beträgt die Wochenkopfmenge Butter bloß mehr 20 Gramm, damit steht Straubing am untersten Ende der bayerischen Fettversorgungstabelle, nur Landshut ist mit 14 Gramm noch schlechter dran. Im Januar 1917 wird zwar die Verteilung besser geregelt als in den Vormonaten, aber Schleichhandel und Hamsterei greifen immer weiter um sich. Andreas Gruber bekam eine höhere Zuteilung von 55 Gramm Fett wöchentlich, weil die Landesfettstelle das Zuchthaus Straubing direkt belieferte, was in der Bevölkerung zu einem großen Unmut führte.

    Hinterkaifeck 1919

    „Im Jahre 1919, es wird im August gewesen sein, ging ich mit meiner Schwägerin Regina Bund, wohnt Göggingen, Waldstr .2, nach Hohenwart zum Hamstern. Wir kamen auch nach Hinterkaifeck in den Hof, wo die schwere Bluttat verübt wurde. Mit der Tochter, die damals hochschwanger war, habe ich längere Zeit gesprochen. Sie erzählte, dass ihr Mann gefallen und sie von einem Bauer in Gröbern in der Hoffnung sei. Sie gab mir ein Pfund Schweineschmalz, welches aber nicht gut war, für 15 Mark. Etwa 14 Tage später kam ich wieder nach Hohenwart und traf dort mit dem Bauern zusammen, der die Bäuerin geschwängert haben soll. Ich sagte zu ihm: „Du darfst Deine Alte anders erziehen, die hat mir verdorbenes Fett gegeben.“

    (Auszug: Aussage Satzinger Johann vom 12.11.1923)

  • Als Liebe in Hass umschlug holte er die Axt

    Am 26. Mai 1896 kam es zu einem Eifersuchtsdrama auf dem Anwesen des Landwirts Freinecker in Wölkham. Der 38-jährige Dienstknecht Xaver Burggraf hatte eine intime Beziehung mit der 20-jährigen Therese Freinecker angefangen. Nicht erst im verflixten siebten Jahr, sondern etwas schneller verflog die Liebe und das Mädchen war ihres Romeo überdrüssig. Therese Freinecker versuchte dem Burggraf aus dem Wege zu gehen, was aber auf einem Bauernhof unmöglich ist. Es kam zu heftigen Eifersuchtsszenen in der Burggraf, ihr drohte sie umzubringen und sich dann selber zu erhängen. Die Drohungen blieben bei Therese Freinecker aber erfolglos und Burggraf wollte sein Gesicht nicht verlieren. Am 26. Mai verließ er seine Arbeit im Walde und begab sich auf den Freinecker-Hof. Er sah, dass Therese Freinecker allein in der Stube war und holte sich in der Werkzeugkammer eine Holz-Axt.

    Er ging in die Stube, nach einem kurzen Wortwechsel versetzte er Therese Freinecker mit dem stumpfen Teil der Axt zwei Hiebe auf den Hinterkopf, sodass Therese Freinecker bewusstlos zu Boden fiel.

    Danach schleppte er das Mädchen in die Werkzeugkammer, wo er ihr noch mehrere Hiebe auf Kopf und Körper beifügte. Danach verließ er den Tatort, weil der Bruder des Mädchens nach Hause gekommen war. Man fand Therese Freinecker schwer verletzt in der Werkzeugkammer und wenig später erwischte man auch X. Burggraf. Bei der Verhandlung vor dem Oberbayerischen Schwurgericht erinnerte sich Burggraf an nichts mehr. Als sich herausstellte, dass er schon wegen eines ähnlichen Delikts aus Eifersucht bereits 8 Jahre im Zuchthaus saß, waren die meisten Zuhörer schockiert. Ein Gutachten eines Sachverständigen kam zu dem Ergebnis, dass bei Burggraf eine geistige Störung möglich sei. Burggraf wurde in eine Heilanstalt überstellt, wo er unter Beobachtung gestellt wurde. Therese Freinecker erholte sich wieder dank ihrer guten körperlichen Verfassung.